Kennengelernt habe ich Jürgen 2006. Der Hinweis zur Ergotherapie kam vom Pflegeeinsatz der Sozialstation. Mit den Frauen der Sozialstation habe ich langjährigen Kontakt und sie wissen um meine Arbeit.
Nach der Anmeldung durch „Mama Zöller“ war ich voller Gedanken. ALS ist in meinem Arbeitsalltag nicht alltäglich, trotz mehrjähriger intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema Neurologie.
Erste Gedanken: Zügiger Zerfall, Depression, Hoffnungslosigkeit ??????

Bei meinem ersten Besuch konnte Jürgen mit wenig Hilfe, mehr mit Sicherung, laufen. Das war ihm sehr wichtig. Er wollte (und will) die Körperfunktionen nutzen, die ihm noch zur Verfügung stehen. Beide Arme hingen da bereits schwer am Körper runter. Ohne jegliche Funktion. Damals war es für mich bereits sehr wichtig, ihm die Steh- und Gehfähigkeit zu erhalten. So mussten die Sprunggelenke „frei gehalten“ bleiben, das heißt, er braucht ungefähr eine 90 ° Winkelung im Sprunggelenk. Das schaffen  wir bis heute. Unsere „frühen“ Wege führten uns durch das ganze Haus, vom Keller (Heizungsumstellung, Muckibude) bis zum Speicher. Risikolos waren die Wege damals auch schon nicht. Aber wenn man etwas gewinnen möchte, muss man auch ein Risiko eingehen.

Mit großer Bewunderung verfolgte ich die Planung und Durchführung seiner Hawaii-Reise. Wir waren häufig mittels „Skype“ im Kontakt. Die Sprache war gut, er konnte sich umfassend ausdrücken und mitteilen.

Bis dahin war die Nahrungsaufnahme oral möglich. Erst nach der Lungenentzündung und dem Luftröhrenschnitt veränderte sich das und somit auch meine Aufgaben. Ab dann galt es die „hohen“ Transfers, also die über den Stand, zu gewährleisten. Es ist eine der verbliebenen motorischen Fähigkeiten und die muss meines Erachtens solange es geht erhalten bleiben. Für viele PflegerInnen ist diese Art des Umsetzens nicht gewollt und viele wollen die Familie Zöller zum Transfer mit dem Patientenlift bewegen. Mit uns geht das aber nicht!

Jürgen ist ein sportlicher Mensch, ausgestattet mit einem sehr guten Körpergefühl. Er weiß um die Körperfunktionen. Daher ist es mir sehr wichtig, dass er sich spüren kann durch seine Bewegungen und die daraus resultierenden Drücke auf die Gelenke.

Nach Absprache mit Jürgen und seiner Mutter führe ich alle neuen PflegerInnen in die Theorie, Praxis und Technik des Transfers vom Bett auf Toilettenstuhl, von da zur Toilette, zurück, Transfer in Rollstuhl, ein. Bislang lernten es alle PflegerInnen und können es ohne eigene körperlichen Verletzungen einsetzen.

Weiter mobilisiere ich Jürgen's Arme, Hände, Beine und Füße. Es gilt Kontrakturen der Sehnen zu vermeiden und ab und zu Bewegungen der Unterarme von Pro- in die Supination ( = Drehung der Unterarme von außen nach innen) zu ermöglichen.   Ich erörtere häufig mit Jürgen und seinen PflegerInnen skelettomuskuläre Schwierigkeiten und suche nach Lösungen.

Ich bewundere an Jürgen seine offenes Wesen und seine nach vorne gewandte Sicht. Er nimmt seine Einschränkung an und nutzt seine Energie für die Zukunft. Das begeistert mich und gibt mir sehr viel zurück.
Go on and catch the future.

Daniel Schmidt, Ergotherapeut, Germersheim

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